Mittwoch, 3. April 2019

Fragen einer Studentin


Eine Studentin aus Köln hatte im Rahmen einer Hausarbeit ein Paar Fragen zu Zielen und Praxis von Umsonstläden. Ich dokumentiere hier einmal ihre Fragen und meine Antworten.


1. „Ist das Ziel des Umsonstladens die Gesellschafts- und Wirtschaftsordung zu verändern oder gibt es andere Ziele?"

A: Ich verstehe den Umsonstladen in erster Linie als "Kristallisationspunkt", "Denkanstoß" und "Reibefläche" etc. für Menschen, die sich nach Gerechtigkeit und Frieden sehnen und Wege suchen und ausprobieren möchten, wie das in dieser Welt zu verwirklichen sein könnte. Wir sind nicht primär gegen etwas, sondern wir sind für ein lebenswertes, nachhaltiges Leben für alle Menschen in Gerechtigkeit und Frieden!


2. „Was bewegt Sie den Umsonstladen und damit die Umsonstökonomie zu unterstützen?"

A: Ich möchte nicht auf Kosten anderer Menschen und nachfolgender Generationen leben. Ich möchte mit der Natur leben, nicht gegen sie. Ich möchte nicht genötigt bzw. gezwungen werden, wider besseres Wissen und meine Überzeugungen zu handeln.


3. „Inwiefern wird das Angebot des Umsonstladens genutzt und gibt es bestimmte Bevölkerungsgruppen, die besonders häufig in den Umsonstladen kommen?"

A: Wir erheben keine Statistik und taxieren die Menschen, die zu uns kommen, nicht. Gefühlt ist der ganze Querschnitt der Gesellschaft mit uns in Kontakt. Außer den obersten und untersten 10% der Bevölkerung. ...


4. „Kommen Menschen in ihren Laden, denen es schwerfällt, etwas mitzunehmen ohne dafür etwas zu geben?"

A: Ja! Aber das ist auch Teil unseres Konzepts einer "Sozialen Plastik", auch über sich selbst etwas erfahren zu können! Ich ermutige die Menschen dann meist, es einfach - spielerisch - auszuprobieren, wie sich das anfühlt, einfach mal was mitzunehmen, ohne es gleich verrechnen zu müssen ... 😉


5. „Kommen Menschen in ihren Laden, die das System (trotz der vorgeschriebenen Regeln) ausnutzen und die Sachen beispielsweise weiterverkaufen?"

A: Das steht (leider) zu befürchten. Auch für sog. Messis ist so ein Umsonstladen natürlich eine große Versuchung! Ich versuche dann trotzdem "locker" zu bleiben und das ganze dann nur ein bißchen zu moderieren und mit den betreffenden Personen in Kontakt zu kommen. Ich hoffe, daß es irgendwann dann doch zu einem Lenprozeß kommen kann. Aber das ist natürlich schon eine Gratwanderung.


6. „Glauben Sie das sich die Umsonstökonomie in den nächsten Jahren weiterhin verbreiten wird und können Sie sich vorstellen, dass es soweit geht, dass eine Welt ohne Geld möglich ist?"

A: Ich könnte mir das schon vorstellen. Aber es wird wohl noch eine ganze Weile dauern. 😉 "Geld", einfach als Verrechnungseinheit, ist womöglich auch gar nicht so sehr das Problem, sondern unser (derzeitiges) Geld-System, das von den Banken und den dahinterstehenden Personen kontrolliert wird! Und natürlich, ganz grundsätzlich, das Versagen vieler Menschen im Hinblick auf Gier, Habsucht und Suchtverhalten. "Macht" und "Geld haben" aktiviert die gleichen Hirnareale wie bei allen anderen Süchten auch! Allerdings käme niemand auf die Idee einem Morphinabhängigen den Schlüssel zur Apotheke anzuvertrauen; bei "Geld" und "Macht" tuen das die meisten Menschen aber gedanken- und bedenkenlos! ...
Als ich vor über 10 Jahren mit dem Projekt Umsonstladen angefangen habe, hatte ich natürlich schon die Hoffnung, daß das ansteckend wirkt und Kreise zieht und sich vielleicht dann auch allmählich so etwas wie eine kleine Umsonst-Infrastruktur entwickeln könnte. Aber es ist doch immer wieder erschreckend mitzuerleben, wie sehr die Menschen in dieser (nicht-technischen) Matrix bestimmter etablierter/vorgegebener Strukturen, Gedanken, Vorstellungen und Konzepte, Theorien etc. feststecken und es einfach nicht schaffen, sich aus den vorgegebenen Rahmenbedingungen und Gedankengefängnissen zu befreien ("Die Grenzen meiner Sprache und Denkungsart sind die Grenzen meiner Welt."). ...




Ergänzungen

[→] Raus aus dem Krieg – raus aus dem Gedankengefängnis
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus. Für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Gegen Aufrüstung und Umweltzerstörung. Fluchtursachen beseitigen. Für ein solidarisches Miteinander. Das und ähnliches ist in den Aufrufen der Friedensbewegung zu den diesjährigen Ostermärschen zu finden, die dieser Tage in Dutzenden Städten bundesweit stattfinden. Eigentlich müssten Millionen Menschen dabei sein. Gerade jetzt. Denn die Welt wankt. Nie fuhr die Rüstungsindustrie so hohe Profite ein wie heute. Das weltweite Elend, erzeugt durch Kriege mit und ohne Waffengewalt, ist immens. Ein gesunder Mensch kann das nicht wollen. ...
Susan Bonath, kenfm.de, 20.04.2019


[→] Wikipedia : Matrix

[→] Wikipedia : Sie leben

[→] Wikipedia : Höhlengleichnis (aus Platons Politeía



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