Dannenröder Wald: Autobahn illegal?

Dannenröder Wald

Und damit all die schönen Autos, die viel systemrelevanter als irgendwelche Pflegekräfte sind, auch irgendwo auf den immer volleren Straßen Platz finden, werden weiter Autobahnen gebaut.

Im Jahr 2020, in dem alle Klima-Alarmglocken längst ohrenbetäubend klingeln. Im Jahr 2020, in dem absehbar ist, dass wir in den nächsten beiden Jahrzehnten weltweit alle Korallenriffe verlieren werden; absehbar, dass vielleicht schon in 15 Jahren der Arktische Ozean im Sommer gänzlich eisfrei ist.

So wichtig ist dieser Autobahnbau, die Umsetzung von Planungen aus den 1970er oder 1960er Jahren, dass dafür wochenlang - Corona hin oder her - Tausende Polizisten im Dauereinsatz sind, untergebracht auf engsten Raum, eingesetzt in langen, zermürbenden Schichten. Wie derzeit, wie berichtet, im Dannenröder Wald in Hessen, wo die A49 zwischen Kassel und Gießen durch ein Wasserschutzgebiet vorangetrieben werden soll.

Da kann sich schon mal Frust anstauen - und soll es vielleicht auch. Um so aggressiver wird gegen die protestierenden Anwohner und die Umweltschützer vorgegangen. Diese schreiben von diversen lebensbedrohlichen Situationen in den letzten Wochen, bei denen aufgrund des Vorgehens der Polizei meist Menschen aus mehreren Metern Höhe stürzten.

Unter anderem wurde, wie auf Telepolis berichtet, an Sicherungsseilen manipuliert und in größerer Höhe ein Elektroschockgerät, ein sogenannter Taser, eingesetzt. Dieser dient laut Polizeiwerbung und den Argumenten seiner Befürworter - auch Landesregierungen mit grüner Beteiligung haben ihn eingeführt - als Schusswaffenersatz. Offensichtlich finden die Beamten ihn aber ganz praktisch, um Protestierende per Folter bewegungsunfähig zu machen.

Zuletzt gab es am gestrigen Dienstag erneut einen äußerst bedrohlichen Vorfall, als einer der Baumbesetzer aus vier Metern Höhe auf den Waldboden stürzte, wie Aktivisten auf Twitter schrieben. Über Verletzungen war zunächst nichts bekannt.

Wie aggressiv, ruppig und auf höchst zweifelhafter Rechtsgrundlage gegen Autobahngegner auch fernab des Waldes von der schwarz-grün geführten hessischen Polizei vorgegangen wird, schildert einer der jungen Aktivisten hier in einem längeren Video.


Wir fordern den grünen hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir erneut dazu auf, die Räumungen und Rodungen zu unterbrechen, um zum einen eine weitere Eskalation zu verhindern und zum anderen einer Neubewertung des Autobahnbaus Zeit zu verschaffen. Durch die Beauftragung eines objektiven Wasserrechtsgutachtens - das bis dato fehlt - hätte er die Möglichkeit dazu.

Parents for Future


Könnte der Verkehrsminister einlenken?

Seit Wochen eskaliere im Dannenröder Wald die Situation, so das Elternnetzwerk in seiner Stellungnahme. Vergangene Woche habe es deshalb einen gemeinsamen Brief zahlreicher Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen aus der Region gegeben, in dem ein Rodungsstopp, die Einhaltung der Schutzbestimmungen bei Polizeieinsätzen und die Aufarbeitung der Vorfälle der letzten Tage gefordert wird.

Parents for Future verweisen außerdem auf ein Gutachten der Firma RegioConsult aus Marburg, dass sich mit dem Wasserrechtlichen Gutachten der DEGES auseinandersetzt. Die Bund und Ländern gehörende Gesellschaft tritt nicht nur als Gutachterin für den grünen Verkehrsminister auf, sondern wird zugleich auch für die Durchführung des Autobahnbaus verantwortlich sein.

Die Marburger RegioConsult komm nun zu dem Schluss, dass die DEGES mit veralteten Daten gearbeitet hat. Ihr Gutachten enthalte sogar, schreibt die Oberhessische Presse aus dem Schriftstück zitierend, "entscheidungserhebliche Mängel, die vor Baubeginn geheilt werden" müssten. "Die Auswirkungen auf das Grundwasser sind bisher völlig unzureichend untersucht", wird einer der Gutachtenautoren zitiert.

Grüne unter Druck

Schwere Vorwürfe gegen den für die Autobahn in Hessen zuständigen grünen Minister Al -Wazir erhebt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND, und das Bündnis "Wald Statt Asphalt" spricht gar von "Rechtsbruch".

Der BUND beruft sich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2020 zum Weiterbau der A 49, deren schriftliche Begründung Mitte November zugestellt wurde. Der Minister habe ein Planergänzungsverfahren anordnen müssen, dieses aber unterlassen.

Der Planfeststellungsbeschluss, gegen den der Verband geklagt hatte, sei rechtswidrig gewesen, so der BUND nach Auswertung der schriftlichen Urteilsbegründung ist. Er enthalte Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorgaben des nationalen und europäischen Wasserrechts.

Die BUND-Klage sei nur abgewiesen worden, weil der BUND nach Auffassung der Richter keinen Anspruch darauf erheben konnte, dass das Land Hessen den Planfeststellungsbeschluss außer Vollzug setzt.


Der Autobahn-Plan verstößt gegen das Wasserrecht. Diesen Mangel hätte Tarek Al-Wazir in einem Planergänzungsverfahren überprüfen lassen müssen - das zeigt unsere Analyse eindeutig. Das Verkehrsministerium muss jetzt handeln und die Rodungsarbeiten aussetzen, bis die rechtliche Grundlage des Autobahnausbaus geklärt ist.

Wolfgang Dennhöfer vom BUND-Vogelsberg


Für die Grünen weitet sich das Ganze zu einem politischen Desaster aus. Zwar haben sie jetzt ein radikal erscheinendes Grundsatzprogramm, aber von der Jugendbewegung Fridays for Future gibt es weiter reichlich Druck.

Der massive, Menschenleben gefährdende Polizeieinsatz für eine Autobahn stößt nicht nur den jugendlichen Klimaschützern übel auf. In vielen Landesteilen gründen sich inzwischen sogenannte Klimalisten, die den Grünen Konkurrenz machen wollen.

In Baden-Württemberg wollen Klimaschützer unter diesem Namen im Frühjahr zur Landtagswahl antreten. Das könnte unter Umständen dem dortigen Grünen Landesverband genug Stimmen kosten, um die Ära des grünen Daimler Fans Winfried Kretschmann zu beenden.


Die Grünen haben immer behauptet, dass sie die Rodung nicht stoppen können. Doch jetzt wissen wir, dass sie gemeinsam mit der CDU Gesetze bricht. Jetzt wird sich zeigen, wo die Grünen stehen: Schützen sie die Interessen von Auto-Deutschland um jeden Preis oder beenden sie endlich den lebensgefährlichen Polizeieinsatz im Danni?

Lola Löwenzahn von Aktion Schlagloch, Mitglied im Bündnis "Wald statt Asphalt"


Wie in der Innen- so auch in der Außenpolitik: Grüne Spitzenpolitiker mögen sich nicht einmal mehr daran erinnern, einst einer pazifistischen Partei angehört zu haben. Heutigen Tags legen sie nicht einmal mehr Wert auf ein UN-Mandat für ihre künftigen Kriege.



Quelle : https://www.heise.de/tp/features/Dannenroeder-Wald-Autobahn-illegal-4970285.html?seite=all


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